In der Dusche sieht Draal Deinen Aal

Also, es gibt so Folgen, die kann man nehmen, wie sie sind und einrahmen. Sucht man sowas bei manchen Serien vergeblich, trifft der Drehbuchgoldsucher bei Babylon 5 fast bei jedem Schlag mit der Dramatik-Hacke auf eine reich sprudelnde Quelle. Hing das Bild jetzt eigentlich schief? Egal. Würde man ein Best-Off von “Die Armee des Lichts” zusammenschneiden müssen, landeten nicht viele Schnipsel auf dem digitalen Boden. Und der Shownotes-Autor ist normalerweise mit der Schere schnell bei der Hand. Aber beginnen wir am Anfang: Sheridan bekommt Besuch in seiner Dusche. Ein Hologramm kuschelt sich an seinen schnell übergeworfenen Bademantel. Der gute alte Draal hat jetzt lange genug an seiner großen Maschine rumgespielt. während er Delenn und Sheridan bei diversen (noch) getrennten Intimitäten beobachtete und sich für ein coming out entschieden. Er lädt die beiden zu sich auf den Planeten ein und eröffnet ihnen, dass es bald gewaltig bumsen wird im Universum, er aber hinter ihnen steht.
So, genug der kindischen Gags! Denn nach einem leichtherzigen Start, zeigt die Episode nun, wo der Centauri seinen Most holt. Mollari und Refa schmieden einige Ränkelspiele. Refa hat einen Plan: Er hat nämlich ausbaldowert, dass die Narn einen Großangriff starten und ihre Heimatwelt (über deren Namen zwei andere Herren im Cast ein wenig ins philosophieren kommen) ziemlich ungeschützt zurück lassen.
Londo soll seine schattenhafte Kontakte spielen lassen, die sich derweil um das letzte Aufgebot der Narn kümmern soll.
Der Plan geht auf, die Schatten machen kurzen Prozeß mit dem Volkssturm der Fleckengesichter, während die Centauri die Narn zurück in die Steinzeit bomben. Und das wortwörtlich. Denn was kümmert den Centauri die universumsweite Ächtung von Massebeschleunigern (die ein paar Folgen vorher schonmal kurz erwähnt wurden, als die Narn selbige auf Centauri-Schiffen vermuteten, SO geht subtiler Story-Arc, liebe Drehbuchautoren der Jetztzeit!) wenn sie doch so prima dabei helfen, den Planeten in Nullkommanix zu erobern? Was wiederum zu einer der ikonischsten Szenen der Serie führ: Mollari, der angewidert die Folgen seines Handelns mit ansehen muss
Aber die Gewissensbisse dauern nicht lange, denn zurück auf der Station läßt der gute den Machtmenschencentauri raushängen und NichtmehrBotschafter G’Kar aus dem Ratssaal werfen. Was dieser mit einer nicht minder ikonischen Rede über Freiheit quittiert.

Wie gesagt: Man könnte JEDE Szene dieser Folge nehmen und einrahmen. Weil sie so toll sind. Und übrigens auch toll geschnitten. Wie der betende G’Kar immer wieder in die vernichtende Schlacht zwischen Schatten und Narn geschnitten wird und am Ende die Kerze auslöscht. DAS ist groß-ar-tig inszentiert und geschnitten und seiner Zeit um Jahre voraus. Diese Folge gibt so dermaßen Gas, dass sich andere Serienmacher mehr als eine Scheibe abschneiden könnte und noch genug Material da wäre, um jede Voyager-Folge in den Schatten (höhö) zu stellen. Springen wir doch mal zum Vergleich in den Delta-Quadranten: Knapp zwei Wochen nach dieser Folge lief bei Voyager “Rätselhafte Visionen” – irgendwelches Holodeck-Gedöns und Verhandlungen mit einer Rasse, die man nie vorher gesehen hat und von der man hinterher nie mehr was hören wird. Da möchte man am liebsten mit der Faust auf die FastForward-Taste einschlagen. Vor allen Dingen zeigt Babylon 5 anderen Serien der 90ger wieder mal: Handlungen haben Konsequenzen!

Wenn es eine Folge gibt, die man Leuten zeigen sollte, um zu verdeutlichen, wie großartig geschrieben und umgesetzt Babylon 5 ist, dann diese. Nur, weil wir wissen, was noch kommt, verkneifen wir uns die Höchstwertung und vergeben eisenharte

5 von 6 Centauripenissen

Lyta + Krankenstation = Overacting

Lyta ist wieder da! Wir erinnern uns: Die rotharige Telepathentante, die in Stöckelschuhen und Pornomantel im Pilotfilm größtenteils als Expositions-Krücke herumgestakst ist. Und die nicht nur Dr Kyles medizinische Plexiglasstange zu einer beliebten Redewendung in diesem Podcast gemacht hat, sondern auch Overacting in der Krankenstation salonfähig.

Aber Lyta kommt nicht nur auf die Station um uns von ihrer eingeschränkten Schauspielkunst zu unterzeugen. Nein, sie bringt auch eine wichtige Information mit: Einer im Kommandostab ist ein Schläfer und arbeitet ohne es zu wissen, eigentlich für das Psi-Corps. Alle Augen und Kameras schwenken überaus subtil zu Susan
Meine Herren! (und Damen!) Wenn es in den 90gern schon sowas wie twitter oder hashtags gegeben hätte, JMS hätte sich das #superschwellig mehr als redlich verdient. Denn wir werden so dermaßen nicht nur mit der Nase, sondern mit dem kompletten Gesicht drauf gestoßen, dass Ivanova der Schläfer sein MUSS. Denn warum sonst, würde sie sich so vehement weigern, das telepatische Passwort gesendet zu bekommen? Soll sie sich mal ein Beispiel an Garibalidi nehmen, der nicht nur – als Einziger(!) – daran denkt, vorher seine Waffe abzugeben, sondern seine Kollegen gleich darauf auch noch so richtig schön trollt.
So entfährt uns auch nur ein müde gelächeltes “Tja”, als die Gute sich dann am Ende doch bereit erklärt und – welch eine Überraschung – doch nicht die Gesuchte Schläferin ist.
Apropos Schläferin. Susan schläft am liebsten im blauen Sateng-Schlafanzug. Und nicht allein. Talia hatte eine feuchte Wohnung (wer hat da “Keller!” gerufen?) und darf deshalb bei Susan pennen. Und vermutlich auch mit ihr. Tim und Sascha gehen jedenfalls beide davon aus, dass die beiden in Susans Bett mindestens eine erotische Kissenschlacht gemacht haben.
Davon kann Lyta nur träumen…Richtig. Da war ja noch die Handlung um Lyta. Die kommt zu einem traurigen Höhepunkt (höhö) als

1) Talia ungefragt und grundlos in eine geschlossene Sitzung des Führungsstabes platzt
2) Lyta ungefragt und grundlos das telepathische Passwort an Talia schickt

Diese flippt darauf hin total aus und stellt sich als die lang gesuchte Schläferin heraus. Die Ihrer Liebhaberin nun noch ein paar Schimpfworte an den Kopf hauen darf.

Damit endet die sehr kurze Romanze von Susan und Talia, die so viele Fanficktion-Schreiberinnen zu (geistigen) Ergüssen verleitet hat.

Alles in Allem auf jeden Fall eine Folge, die sich ins kollektive Gedächtnis (vor allem der männlichen Zuschauer) gebrannt hat. Auch wenn, oder vielleicht grade weil, die Beziehung zwischen Susan und Talia nicht so gezeigt wurde, wie es heute der Fall sein würde. Hey, wir sind hier immerhin in den 90gern und nicht auf HBO!

Die Idee, dass das PsiCorps einen Schläfer in sämtliche Führungspositionen der Erdallianz eingeschleust hat, ist überzeugend und zeugt von einem durchdachten Storytelling, das abseits des Epsilon-Sektors wiederum in den 90gern nur mit der Lupe zu finden war. Schön ist auch, wie Handlungen aus der Vergangenheit (Und Zukunft!) sehr beiläufig in die aktuelle eingewoben wurden. Und die Regie ist alle erste Sahne. Einziges Schmanko: Der drehbuchschreiberische Ejakulatio postcox, mit dem die vermeindliche Enttarnung Susans so sehr in die Länge gezogen wird, wie die Silben in einem Satz von Dr Cox. Auf jeden Fall eine überdurschnittliche Wertung und wir vergeben mal mehr und mal weniger hormongesteuert:

4 von 6 Penissen